Liebe Gartenfreund und besonders, liebe Pelargonienfreunde,
leider habe ich für euch eine sehr traurige Nachricht:
Der Dieter ist gestorben.
Kennengelernt habe ich ihn bei den Recherchen für mein Buch: Das Kochbuch Ostalbkreis.
Er hat mir einen Vormittag lang seine schönsten und exotischsten Pelargonien gezeigt und mir die Geschichte erzählt, wie er zu dieser Leidenschaft kam.
Im folgenden die Geschichte, wie sie auch im Buch steht.
Gourmet-Geranien
Die beliebtesten Balkonblumen sind zweifelsohne Geranien.
Für einen prächtigen Balkonkasten benötigt man Hängegeranien und aufrecht stehende Geranien. Bei der Blütenform hat man die Wahl zwischen rosenblütigen, deren Form an frisch aufgeblühten Rosen erinnert, tulpenblütigen die sich zur perfekt gerundeten Tulpenform öffnen und den sternblütigen. Dazu noch weitere, exotischere Formen wie fingerblütigen (fransigen), kaktusblütigen und so weiter.
Ein Gärtnermeister, der seinen Kunden möglichst alle Wünsche erfüllen will, muss einfach ein großes Sortiment an Geranien anbieten können. Auch Dieter Stegmeier, der 1983 die Traditionsgärtnerei von seinem Vater übernahm, hatte natürlich ein großes Sortiment an Zuchtgeranien im Angebot.
Als Gärtnermeister weiß er natürlich: Die im Volksmund genannten Geranien sind botanisch korrekt eigentlich Pelargonien. Um „auf dem neuesten Stand“ zu sein musste er sich ständig über Trends und Neuheiten informieren. Er besuchte renommierte Züchter, besorgte sich Stecklinge der Urformen und begann selbst zu kreuzen. Er erinnerte sich an eine Duftpelargonie, die er einst als 16jähriger von einer Bauersfrau geschenkt bekam, eine alte, inzwischen verschwundene Sorte.
Plötzlich „packte“ ihn der Forscherdrang. Er wollte mehr wissen über die Urformen, besuchte andere Züchter, forschte im European Plant-Finder nach Spezialisten in den Nachbarländern. Er bat Bekannte, auf ihren Reisen doch nach weiteren Urformen zu suchen. Er begann selbst zu kreuzen. Zunächst ging es um Wetterfestigkeit, üppige Blüten und Blätter, Farben und Formen. Fast noch mehr als all die Formen und Farben faszinierten ihn die Blattdüfte.
Auf einer Reise durch Brasilien, immer auf der Suche nach neuen Wildformen, entdeckte er auf einem Markt Büschel von Pelargonienblätter. Auf die Frage, was man denn mit welken Pelargonienblättern anfangen kann, sagte man ihm, dass man sie als Gewürz verwendet. Er roch daran und fand diese Blätter eigentlich „nicht besonders würzig“. Da hatte er zu Hause doch schon wesentlich aromatischere Aromen an seinen Pelargonien gerochen.
Wieder zu Hause intensivierte er die Versuche, immer neue und kräftigere Aromen seinen Kreuzungen an zu züchten. Rund 120 Duft-Sorten besitzt er inzwischen.
Er entdeckte, dass manche Düfte den Katzen oder Hunden gar nicht schmecken. So verkaufte er diese Pflanzen als „Verpiss dich“ an genervte Gartenbesitzer, die es leid waren dass Nachbars Hund oder Katze das Häuflein immer ins schön gepflegte Blumenbeet machen. Damit wurde er in der Region einigermaßen bekannt.
In der Fachwelt war er seit der IGA 1993 in Stuttgart bereits bei Fachzeitungen, Fernsehen und Kollegen bekannt. Sein Wissen über Pelargonien wird selbst von Botanikern geschätzt. Sie rufen ihn schon mal um Hilfe, wenn es um die Bestimmung einer Pelargonien Wildform geht.
Der richtige „Durchbruch“ kam dann, als er Pelargonien-Genüsse populär zu machen begann. Er kochte im Südwest-Rundfunk ein ganzes Pelargonien-Menü, würzte Gulasch und Eis mit Pelargonien. Mit einem befreundeten Bäcker probierte er Pelargonien-Brot. Mit einem Konditor wagte er sich an Pelargonien-Pralinen. Mit der Brennerei Betz in Waldstetten versuchte er sich an Pelargonien-Schnaps.
Manche Pelargonien haben als Überlebens-Strategie Knollen an den Wurzeln, die er mit Schnaps ansetzt. Obwohl er reichlich Honig zu setzt, gibt er selbst zu, dass dieses Tonicum eher eine Medizin, denn ein Genussmittel ist. Aber „es stärkt das Immunsystem und wirkt gegen Durchfall und Magenschmerzen“. In Südafrika, der Ur-Heimat der Pelargonien, wird Pelargonium triste, deren Knollen er für seinen Schnaps verwendet, gegen Ruhr und Cholera genutzt. Ganz stolz ist er darauf, dass er auch einige Exemplare des Pelargonium sioides oder Pelargonium reniforme besitzt. Diese Pelargonie liefert den Extrakt für das „Hustenmittel aus der Zulu-Apotheke“. Bei uns wohlbekannt als „Umckaloabo“.
Kreativ wie er als echter Schwabe nun einmal ist, sucht er immer weiter nach Möglichkeiten, uns den Duft der Pelargonien schmackhaft zu machen. Zusammen mit einem befreundeten Braumeister hat er ein Radler kreiert, das anstatt Zitronensprudel mit Pelargonienextrakt gemischt ist.
Max