Lycopin in Bartiris
Verfasst: Do 6. Feb 2014, 15:19
Lycopin in Bartiris.
Als in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts in den Sämlingsbeeten der Züchter flamingo-rosa Sämlinge auftauchten, erregten sie großes Aufsehen. Da war plötzlich eine Farbe entstanden, die völlig neuartig war, auch der mandarin-rote Bart wurde als sehr attraktiv empfunden. Bisher hatte man geglaubt pinkfarbene Iris über helllila, vielleicht vermischt mit etwas Gelb, erzeugen zu können. Es war nur natürlich, dass sich die Züchter intensiv mit der neuen Farbe beschäftigten. Schnell fand man heraus, dass sie durch einen Farbstoff verursacht wurde, den man schon von reifen Tomaten (Lycopersicum) her kannte, nämlich Lycopin.
Lycopin ist nicht zellsaftlöslich wie blaue Anthocyane, sondern ist, wie das Karotin in gelben Blüten, in den Plastiden (1) der Petalen (2) lokalisiert. Beide Pigmente sind chemisch nahe ver-wandt und kommen meist zusammen in den Blüten vor. Das Vorhandensein von Karotin scheint sogar eine Voraussetzung zu sein für die Produktion von Lycopin, indem der sog. t-Faktor (t von tangerine = Mandarine) vorhandenes Karotin zu Lycopin umbaut. Er verhält sich in Kreuzungen rezessiv (3) zu anderen Farben. Wenn der t-Faktor nicht in allen vier Chromosomensätzen vorhanden ist, kann die Farbe nicht in Erscheinung treten. Früher hat man geglaubt, dass die Bartfarbe und die Farbe der Petalen auf die Wirkung eines einzigen Gens zurückzuführen sei, aber heute gibt es mandarinrote Bärte auf allen Petalfarben.
Das Erscheinen von Lycopin ist auch deshalb sensationell weil es noch nie in einer wilden Bartiris gefunden wurde. Das könnte bedeuten, dass es sich um eine Mutation handelt. Es gibt aber auch einen anderen Erklärungsversuch: Das dem Lycopin verwandte Karotin findet sich allein in den Blüten der diploiden Iris variegata, zumindest kommt nur diese in Betracht die gelbe Farbe in die modernen Gartenhybriden eingebracht zu haben. Da sie aber als Diploide den t-Faktor nur zweimal haben kann, ist sie nicht fähig Lycopin zu produzieren. Erst als I. variegata-Abkömmlinge auf das tetraploide Niveau kamen, wurden Lycopin-pinks möglich.
Aber was ist mit den Barbata nana (SDB)? Da gibt es doch auch Pinks, obwohl sie zwei Chromosomensätze von Iris pumila in ihren Zellen haben. Die echte Iris pumila ist tetraploid, sie müsste also fähig sein, Lycopin zu produzieren, wenn sie den t-Faktor hätte. Tatsächlich aber gibt es keine Pumila, die lycopinfarbig wäre. Dagegen übertreffen die feuerroten Bärte einiger SDBs die Bärte der pinkfarbenen TBs um einiges an Intensität, obwohl die Petalen immer einen Stich ins Orange haben.
Es gibt noch eine andere Merkwürdigkeit bei den Pinks. Warum gelingt es nicht den Farbton zu vertiefen. Dunkelblaue Iris sind durch Auslese immer dunklerer Typen nun fast kohlschwarz zu haben, aus Gelb wurde Orange und Braun. Warum geht das nicht bei den Pinks?
Ich werde den Verdacht nicht los, dass da noch etwas Anderes im Spiel ist, von dem wir noch nichts wissen.
1) Plastiden = meist eiförmige Organellen in Pflanzen- (auch Blütenblatt-) zellen.
2) Petalen = Blütenblätter.
3) rezessiv = nicht in Erscheinung tretend, Gegensatz von dominant.
Harald
Als in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts in den Sämlingsbeeten der Züchter flamingo-rosa Sämlinge auftauchten, erregten sie großes Aufsehen. Da war plötzlich eine Farbe entstanden, die völlig neuartig war, auch der mandarin-rote Bart wurde als sehr attraktiv empfunden. Bisher hatte man geglaubt pinkfarbene Iris über helllila, vielleicht vermischt mit etwas Gelb, erzeugen zu können. Es war nur natürlich, dass sich die Züchter intensiv mit der neuen Farbe beschäftigten. Schnell fand man heraus, dass sie durch einen Farbstoff verursacht wurde, den man schon von reifen Tomaten (Lycopersicum) her kannte, nämlich Lycopin.
Lycopin ist nicht zellsaftlöslich wie blaue Anthocyane, sondern ist, wie das Karotin in gelben Blüten, in den Plastiden (1) der Petalen (2) lokalisiert. Beide Pigmente sind chemisch nahe ver-wandt und kommen meist zusammen in den Blüten vor. Das Vorhandensein von Karotin scheint sogar eine Voraussetzung zu sein für die Produktion von Lycopin, indem der sog. t-Faktor (t von tangerine = Mandarine) vorhandenes Karotin zu Lycopin umbaut. Er verhält sich in Kreuzungen rezessiv (3) zu anderen Farben. Wenn der t-Faktor nicht in allen vier Chromosomensätzen vorhanden ist, kann die Farbe nicht in Erscheinung treten. Früher hat man geglaubt, dass die Bartfarbe und die Farbe der Petalen auf die Wirkung eines einzigen Gens zurückzuführen sei, aber heute gibt es mandarinrote Bärte auf allen Petalfarben.
Das Erscheinen von Lycopin ist auch deshalb sensationell weil es noch nie in einer wilden Bartiris gefunden wurde. Das könnte bedeuten, dass es sich um eine Mutation handelt. Es gibt aber auch einen anderen Erklärungsversuch: Das dem Lycopin verwandte Karotin findet sich allein in den Blüten der diploiden Iris variegata, zumindest kommt nur diese in Betracht die gelbe Farbe in die modernen Gartenhybriden eingebracht zu haben. Da sie aber als Diploide den t-Faktor nur zweimal haben kann, ist sie nicht fähig Lycopin zu produzieren. Erst als I. variegata-Abkömmlinge auf das tetraploide Niveau kamen, wurden Lycopin-pinks möglich.
Aber was ist mit den Barbata nana (SDB)? Da gibt es doch auch Pinks, obwohl sie zwei Chromosomensätze von Iris pumila in ihren Zellen haben. Die echte Iris pumila ist tetraploid, sie müsste also fähig sein, Lycopin zu produzieren, wenn sie den t-Faktor hätte. Tatsächlich aber gibt es keine Pumila, die lycopinfarbig wäre. Dagegen übertreffen die feuerroten Bärte einiger SDBs die Bärte der pinkfarbenen TBs um einiges an Intensität, obwohl die Petalen immer einen Stich ins Orange haben.
Es gibt noch eine andere Merkwürdigkeit bei den Pinks. Warum gelingt es nicht den Farbton zu vertiefen. Dunkelblaue Iris sind durch Auslese immer dunklerer Typen nun fast kohlschwarz zu haben, aus Gelb wurde Orange und Braun. Warum geht das nicht bei den Pinks?
Ich werde den Verdacht nicht los, dass da noch etwas Anderes im Spiel ist, von dem wir noch nichts wissen.
1) Plastiden = meist eiförmige Organellen in Pflanzen- (auch Blütenblatt-) zellen.
2) Petalen = Blütenblätter.
3) rezessiv = nicht in Erscheinung tretend, Gegensatz von dominant.
Harald