Oncocyclus-Iriskultur

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Harald
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Oncocyclus-Iriskultur

Beitrag von Harald »

Oncocyclus-Iriskultur in Mitteleuropa
Anfang der 70er Jahre las ich zum ersten Mal etwas über eine ganz andere Bartiris-Art aus dem Orient. Die Blüten seien geadert und gefleckt, wodurch ein düster-dramatischer Eindruck entstünde. Leider seien sie eng an die trockenen, sonnendurchglühten Steppen und Halbwüsten des Mittleren Ostens angepasst und wollten unter unserem meist trüben Himmel nicht gedeihen.
Die knappe, aber geheimnisvolle Beschreibung machte mich ungeheuer neugierig. Ich versuchte mehr darüber zu erfahren, durchstöberte die einschlägige Literatur, korrespondierte mit Dr. Werckmeister, der im Libanon und Syrien an den Wildstandorten der Oncos gewesen war, lernte Werner Dorn aus Aachen kennen, der dort eine Irisgärtnerei betrieb und auch Ariliris (das ist der gemeinsame Name für Oncocyclus- und Regelia-Iris) züchtete. Ich wurde Mitglied in der Aril Society International, die seit 1958 ein Jahrbuch herausgibt mit einer Fülle von Informationen. Parallel dazu baute ich mir ein »Onco-Haus«, ein kleines Gewächshaus, mit vertieftem Mittelgang, wo dann die ersten Onco-Rhizome in den gewachsenen Boden frei ausgepflanzt wurden. Außer I.susiana, I.sari und einigen Onco-Hybriden pflanzte ich auch verschiedene Regeliocyclus-Hybriden (Onco x I.korolkowii), die nach der Beschreibung wesentlich unempfindlicher sein sollten als echte Oncos.
Meine Kulturmethode schien perfekt. Die Ariliris wuchsen, blühten, wurden von der Familie, von Nachbarn und Freunden bestaunt und bewundert und waren offensichtlich gesund. Nach der Blüte, so hatte ich gelesen, wird das Laub welk, etwa wie bei den Tulpen, und es trocknet dann, etwas später, völlig ein. Am Naturstandort herrscht im Sommer eine absolute Trockenheit und die Rhizome backen regelrecht in dem ausgedörrten Boden, bis dann im Herbst die ersten Regengüsse sie wieder zum Leben erwecken. Nicht so meine Gewächshaus-Oncos, sie blieben grün. Die Temperaturen in dem natürlich nicht schattierten Onco-Haus stieg an sonnigen Tagen bis weit über 50° C, die Erde war dann auch oberflächlich pulvertrocken, aber die Oncos wollten nicht schlafen. Mit der Zeit wurden die äußeren Blatter zwar gelb, aber gleichzeitig erschienen schon neue Nebentriebe rund um die Pflanzen. Ich war in Hochstimmung. Souverän hatte ich gemeistert, was die Experten für extrem schwierig, wenn nicht gar als unmöglich ansahen. Gegen Ende August konnte ich meine Ungeduld nicht mehr zügeln, ich holte die Gießbrause und machte alles durchdringend naß. Die Oncos reagierten prompt, die Triebe schossen wie Pilze aus dem Boden. Gegen Ende Oktober standen alle Pflanzen voll im Laub.
Mit Ausnahme der kaukasischen und osttürkischen Oncos, die im Winter hoch mit Schnee bedeckt sind, wachsen die südlicheren Arten während des ganzen Winters, zwar langsam aber stetig. Das tun sie natürlich auch bei frostfreier Gewächshauskultur. Unsere kümmerlichen Lichtverhältnisse während der Wintermonate ermöglichen es ihnen aber nicht, ausreichend zu assimilieren. Sie vegetieren so dahin, bieten mit ihrer voll ausgebildeten Blattmasse bei ständig hoher Luftfeuchtigkeit allerlei Pestilenzen eine große Angriffsfläche. Plötzlich sieht man Blattfächer, die gelb werden. Meist ist dann schon der Wurzelhals faul. Auskratzen mit einem scharfen Löffel und anschließendes Desinfizieren kann die Rhizomfäule nur selten völlig stoppen. Besser ist es allemal, es nicht soweit kommen zu lassen, aber wie?
Auch im zweiten Jahr hatte ich, trotz schmerzlicher Verluste, noch viele Blüten, vor allem aber war der Zuwachs teilweise spektakulär. So hatte der Horst von I.susiana schon sieben Blütenstiele und im dritten Jahr waren es sogar 28 (!). Danach allerdings ging es stetig bergab und ich war ziemlich frustriert. Die Regeliocyclus-Hybriden dagegen hielten tapfer durch. Zwar gab es auch hier Rhizomfäule, aber der Zuwachs war meist größer als der Verlust.
Generationen von Liebhabern und professionellen Gärtnern haben sich den Kopf darüber zerbrochen, warum die Oncos in Kultur so empfindlich sind. Warum können sie sich nicht an unser mitteleuropäisches Klima anpassen? Tulpen und andere Zwiebel- und Knollengewächse, die zum Teil vom gleichen Wildstandort stammen, haben es doch auch getan. Bei vielen Zier- und Nutzpflanzen hat sich herausgestellt, daß das Nachahmen der Wachstumsbedingungen des Naturstandorts ganz und gar nicht optimal ist. Ich bin überzeugt, auch die Oncos gedeihen in den Steppen und Halbwüsten nicht wegen, sondern trotz der Trockenheit. Sie würden dort sicher etwas mehr Feuchtigkeit dankbar annehmen. Interessanterweise kann man Sämlinge im ersten Lebensjahr durchkultivieren. Sie wachsen zügig während des ganzen Sommers, wenn es ihnen nicht, wie z.B. im vollsonnigen Gewächshaus, zu heiß wird. Diese Tatsache deutet übrigens darauf hin, dass die Oncos sich während der Evolution irgendwann einmal aus frühen Bartiris-Formen abgespaltet haben, die ein feuchteres Klima gewohnt waren. (Stichwort: Biogenetische Grundregel).
Seit gut über 40 Jahren schlage ich mich nun mit diesen wunderschönen »unkultivierbaren« Pflanzen herum und habe durch Experimentieren und sorgfaltiges Beobachten einiges herausgefunden:
Man muß sich wohl damit abfinden, Oncocyclus-Species sind einfach extrem empfindlich und über längere Zeit nur in einem klimatisierten Gewächshaus zu halten. Wer Kastenkultur versuchen will, muß lüften, lüften und wieder lüften. Bei geschlossenen Fenstern steigt die relative Luftfeuchtigkeit schnell bis auf 80% oder sogar 90% an, und das wird für längere Zeit nur bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt vertragen. Rhizome, die ich manchmal im offenen Garten ausgepflanzt hatte, waren bei mildem Wetter oft bis in den Januar hinein vollkommen gesund. Regen und Wind machen es Bakterien und Schimmelsporen offenbar schwer, sich anzusiedeln. Später allerdings, wenn stärkere Fröste einsetzen, machen nur noch die nördlicheren Arten eine zeitlang mit. Aber auch diese sind am Naturstandort im Winter von hohem Schnee bedeckt und starker Kahlfrost ist für sie meist tödlich. Beim Einsetzten von Frostwetter sollte man daher bei Kastenkultur alles mit trockenem Mulchmaterial einschütten. Dafür hat sich Perlite hervorragend bewährt. Es ist ein gemahlenes Vulkangestein, das sich durch kurzzeitiges Erhitzen auf über 1000 °C wie Popcorn aufbläht. Es ist steril, sehr leicht und kann schnell mit einem großen Schlucksauger wieder entfernt und bei der nächsten Frostperiode erneut aufgebracht werden. Perlite ist im Baustoffhandel als Isoliermaterial unter dem Namen «Isoself» zu bekommen.
Ein Kleingewächshaus läßt sich mit einem thermostatgesteuerten 2000 Watt Heizlüfter leicht frostfrei halten. Frostperioden dauern hier in der Nähe des Niederrheins nie sehr lange und -15 °C werden nur selten erreicht. Ungünstig sind lange, trübe Regenperioden. Es mangelt an Licht und die hohe Luftfeuchtigkeit begünstigt Botrytis und Fäulnis. Ein Innenventilator, der die Raumluft in Bewegung hält, ist daher sehr nützlich. Noch wichtiger aber ist ständiges Lüften bei jedem frostfreien Wetter. Das sollte ein thermostatgesteuerter Außenventilator (Zwangsentlüftung) übernehmen. Bei zu hohen Temperaturen sorgt er für Kühlung, und bei unerwarteten Nachtfrösten schaltet er die Belüftung einfach ab und der Onco-Freund kann ruhig schlafen. Die Innentemperatur hält man während der Wintermonate so niedrig wie möglich, d.h. nur bei Frostwetter wird geheizt. Viel Licht an hellen Wintertagen ist immer willkommen, ein Zuviel an Wärme ist bei Lichtmangel schädlich. Ich habe zeitweise auch mit künstlicher Beleuchtung während der Wintermonate experimentiert. Sonnenlicht kann man natürlich nicht mit den blaugefärbten 75 Watt Glühbirnen imitieren, die in Gartencentern als »Pflanzenstrahler« verkauft werden. Mischlichtlampen in Pilzform mit Innenreflektor sind zu einem vertretbaren Preis zu bekommen. Neuerdings bieten Heimwerkermärkte sehr preiswerte Halogenstrahler von 150 bis 500 Watt an, die durchaus in Betracht zu ziehen sind. Eine Beleuchtungsdauer von etwa zwei Stunden während der Mittagszeit scheint den Pflanzen gut zu bekommen. Das Laub kann einmal am Tage völlig abtrocknen, wobei die durch den Innenventilator bewegte Luft wirksam mithilft. Gleichzeitig wird das Wachstum etwas angeregt. Wachsendes Gewebe ist krankheitsresistent. Nachteilig ist, daß die Blüte noch etwas früher einsetzt, manchmal schon gegen Ende März, wenn die Sonne sich meist noch sehr rar macht. Es ist günstiger, wenn sie nicht zu früh in Blüte kommen, denn dann brauchen sie Licht und Wärme.
Gießen sollte man im Winter nicht. Da das Wachstum fast zum Stillstand gekommen ist, reicht die geringe milde Feuchtigkeit des Bodens völlig aus. Ständige Nässe provoziert Rhizomfäule, und diese ist durch Auskratzen und Desinfizieren kaum zu stoppen. Antibiotika-Puder, welches in der Humanmedizin bei schlecht heilenden Wunden eingesetzt wird, hilft noch am besten. Erst wenn Ende Februar wieder sichtbares Wachstum einsetzt, können die Oncos wieder Wasser und ggf. verdünnte, stickstoffarme Flüssigdüngung vertragen.
Es gibt ein paar gute Gründe, Oncocyclus-Iris in Töpfen zu kultivieren. Man kann sie während des Wachstums transportieren, man kann sie blühend vor einen ruhigen Hintergrund stellen, um sie zu fotografieren und man hat zusätzliche Möglichkeiten, sie auf Tischen und Regalen im Gewächshaus unterzubringen. Es müssen aber große Töpfe sein, denn gesunde Wurzeln werden bis zu 50 cm lang. Die heute allgemein üblichen Plastiktöpfe sind nicht besonders gut geeignet. Es ist nämlich wichtig, ständig eine möglichst gleichmäßig milde Feuchtigkeit einzuhalten. Das ist in den Plastiktöpfen nicht zu kontrollieren, meist ist der Wurzelballen zu naß. Gut geeignet, aber etwas teurer, sind die altbekannten porösen Tontöpfe. Bei freiem Stand können sie im Winter, falls erforderlich, durch vorsichtiges Gießen in den Untersatz bewässert werden. Wenn sie aber in feuchten Torf oder Sand eingesenkt sind, kann man sich auch hier das Gießen sparen, solange das umgebende Material feucht ist. Im Juni hebt man die Töpfe etwas an, damit Luft an die Außenflächen gelangen kann, um die Trockenruhe einzuleiten. Unter Glas sollte die Außenseite der Töpfe dann aber nicht der direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt werden, denn besonders in den schwarzen Plastiktöpfen werden die ansonsten noch lange aktiv bleibenden Wurzeln zu Tode geschmort.
Frei im Gewächshausboden ausgepflanzte Oncos finden mit ihren ziemlich tief gehenden Wurzeln auch bei großer Sommerhitze noch so viel Feuchtigkeit, daß das Laub nicht völlig einzieht. Man braucht nur ein bißchen mit einer kleinen Schaufel zu graben, um das zu verstehen, denn ab 10 bis 15 cm Tiefe ist die Erde schon wesentlich dunkler als an der völlig trockenen Oberfläche. Ist das Wetter zu dieser Zeit sonnig und trocken, fühlen sich die Oncos pudelwohl. Ist es aber über eine längere Zeit trübe, regnerisch und kühl, wird es gefährlich. Dann ist es besser, die Rhizome auszugraben, sie zu waschen, eventuelle Faulstellen auszukratzen und zu desinfizieren. Große Rhizomklumpen werden dabei in nicht zu kleine Teilstücke zerlegt, denn sehr kleine Schnipsel wachsen oft nicht gut weiter. Vor dem sorgfältigen Trocknen lege ich sie noch für eine halbe Stunde in eine kombinierte Fungizid/Pestizid-Lösung. Bei der holländischen Firma van Tubergen hat man durch Versuche eine optimale Lagertemperatur von +23 bis +25 °C für Oncos ermittelt. Wichtig ist aber vor allem, daß sie immer schön luftig und trocken bis zum Wiedereinpflanzen gelagert werden.
Der Pflanztermin richtet sich nach der Kulturmethode. Bei Freilandkultur, evtl. an einer Südwand mit Regenschutz durch Glas- oder Plastikfenster oder auch bei Kastenkultur, ist möglichst spätes Pflanzen angebracht, etwa Ende Oktober, damit das Laub vor dem Winter noch kurz ist und besser geschützt werden kann. Im klimatisierten Gewächshaus pflanze, bzw. wässere ich schon Ende August/Anfang September. Die längere Vegetationszeit bewirkt deutlich größeren Zuwachs.
Kein Aspekt der Oncocycluskultur ist mehr kontrovers diskutiert worden als das Substrat. Am Naturstandort wachsen sie eigentlich immer in humusarmen, kalkhaltigen Verwitterungsböden, die in der Trockenperiode auch fest zusammenbacken können. Der pH-Wert schwankt zwischen 6,5 und 8,5, geht also bis in den basischen Bereich. Prinzipiell wachsen Oncocyclus-Iris aber auch bei pH-Werten unter 6,5, wie wir aus der Sterilkultur (Embryokultur) von Sämlingen auf künstlichem Nährboden wissen.
Empfehlungen zum Kultursubstrat gipfeln in der älteren Literatur häufig in dem Ratschlag, keinen Humus zu verwenden. Vor einigen Jahren hörte ich von Herrn Pasche (Velbert), daß sie in reinem TKS (Torfkultursubstrat) sehr gut wachsen. Ich war zunächst noch sehr skeptisch, bis ich fand, daß meine Sämlinge sich darin auch hervorragend entwickelten. Die Amerikaner im Südwesten der USA, die ihre Oncos im Freiland kultivieren können, arbeiten »plenty of humus« in ihre Beete ein. Sie meinen damit allerdings nicht Torf, sondern Kompost. Auch ich hatte meine biologisch-dynamische Phase und glaubte, Kompost sei der Vater aller Dinge. Einmal füllte ich eine Seite der Grundfläche des Gewächshauses mit gut verrotteter, fein gesiebter Komposterde, die noch zusätzlich mit einer guten Portion scharfem Sand und etwas Langzeitdünger vermischt war. Nach gründlichem Wässern deckte ich die Oberfläche mit klarer Plastikfolie ab und ließ die heiße Sommersonne einwirken, während die Onco-Rhizome im Keller auf den Herbstregen warteten. Die enorme Hitze, die sich unter der Plastikfolie bildet, tötet Unkrautsamen und Krankheitskeime in der Nähe der Oberfläche ab. Anfang September wurden die Oncos dann gepflanzt. Zunächst sah alles sehr gut aus. Als das Laub etwa 15 bis 20 cm hoch war, fiel mir auf, daß es an sonnigen Tagen um die Mittagszeit schlaff wurde. Offensichtlich stimmte etwas nicht mit dem Wassernachschub aus dem Boden. Waren die feinen Haarwurzeln schon geschädigt? Heute weiß ich, daß es nicht der Humus ist, der den Oncos schadet, sondern die Mikroorganismen, die in dem Humus leben. Deren Aufgabe in unserer schönen Welt ist es nämlich, abgestorbenes organisches Material zu mineralisieren. Es ist eine konzertierte Aktion von Bakterien, Strahlen-, Schimmelpilzen und anderen Organismen. Sie begnügen sich dabei aber nicht nur mit totem Material, sondern greifen als Schwächeparasiten auch lebendes Gewebe an. Die Oncocyclus-Iris sind an die fast sterilen Böden ihrer Heimat angepaßt. Sie haben keine oder nur geringe Resistenz gegen unsere sicher auch anders zusammengesetzte Mikroflora und -fauna. Darum faulen sie auch so leicht in zu feuchter Umgebung, nicht wegen der Feuchtigkeit an sich, sondern weil sich die Mikroorganismen in dem feuchten Milieu sprunghaft vermehren. Dazu paßt auch die Beobachtung, daß sie während ihrer Ruhephasen im Sommer (ich denke dabei auch an TBs), aber auch im Winter, am meisten gefährdet sind. Ruhephasen sind Perioden geringer biologischer Aktivität, damit ist dann auch das Immunsystem weitgehend abgeschaltet. Im trockenen Klima des nordamerikanischen Südwestens mögen die nützlichen Auswirkungen der Kompostbeimischung überwiegen, hier bei uns ist Kompost, zumindest für die sehr empfindlichen Oncos, eindeutig schädlich. Es würde auch wenig nützen, das ganze Substrat zu sterilisieren, da es in kurzer Zeit von den allgegenwärtigen Mikroorganismen wiederbesiedelt wird.
Nachdem mir diese Zusammenhänge klar geworden waren, erinnerte ich mich an Fruhstorfer Einheitserde, über die fast alle Gartenbücher berichten, die aber trotzdem bei den Hobbygärtnern weitgehend unbekannt und darum auch in den Gartengeschäften nie zu sehen ist. (Man kann sie aber immer noch kriegen). Es handelt sich um Hochmoortorf, der mit Ton und einer ausgewogenen Dosis von Makro- und Mikronährstoffen vermischt ist. Dieses Substrat ist weitgehend steril und es bleibt weitgehend steril, weil es keine leicht zersetzlichen Bestandteile enthält. Für die Topfkultur wird es noch zusätzlich mit Bentonit-Tonmehl und Dolomit (Kalzium/Magnesiumkarbonat) verbessert. Im Grundbeet des Gewächshauses ist mir diese Mixtur allerdings zu kostspielig. Ich mische dann noch bis zur Hälfte Gartenerde vom Rasen darunter, aber nicht aus der obersten, dichtbesiedelten Bodenschicht. Die wird vorher beiseite geräumt. Zusätzlich sollte dann aber noch etwas mineralischer Volldünger eingearbeitet werden. Hornspäne und Knochenmehl sind Futter für Bodenorganismen und deshalb besser wegzulassen.
In den Wachstumsphasen vertragen die Oncos auch gut flüssige Düngung. Zu Beginn der Vegetationszeit im Spätsommer/Herbst düngt man sehr stickstoffarm (Kakteendünger), im Frühjahr ist sog. Balkonpflanzen- oder Blütendünger passend.
Neben der schon erwähnten Rhizomfäule gibt es eine zweite gefürchtete Krankheit, den Virusbefall. Im fortgeschrittenen Stadium ist das Laub gelblich gestrichelt, oft etwas verdreht und die Blattspitzen sind trocken. Die Pflanzen sind deutlich im Wuchs gehemmt. Häufig kommt dann noch Rhizomfäule hinzu, was dann das endgültige Ende bedeutet. Virosen sind nicht heilbar und werden meist durch Blattläuse verbreitet, können aber auch durch Arbeitsgeräte wie z.B. Scheren übertragen werden. Die beste Abwehrmaßnahme ist, die Pflanzen in gutem Kulturzustand zu halten. Auch Viren sind Schwächeparasiten. An robusten Pflanzen, z.B. Regeliocyclus-Hybriden, sind eigentlich nie Symptome zu erkennen, trotzdem habe ich sie und besonders auch alle Garteniris im Verdacht, potentielle Virusträger zu sein.
Ein Aspekt dem ich früher wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte, ist die Bodenmüdigkeit in der Gewächshauskultur. Der verfügbare Platz ist hier immer knapp, und man neigt unwillkürlich dazu sehr dicht zu pflanzen. Nach wenigen Jahren kann man dann ein Nachlassen der Vitalität beobachten. Ein zweiter Punkt ist die allmähliche Versalzung des Bodens durch aus dem Untergrund aufsteigende Feuchtigkeit. Die teils spektakulären Kulturerfolge in den Anfangsjahren könnten hier ihre Ursachen haben. Da das Austauschen der Erde harte Arbeit und für einen Hobbygärtner im fortgeschrittenen Alter unmöglich ist, habe ich, nach dem alle übriggebliebenen Irisrhizome in Töpfe gepflanzt waren, die Folie meines Folientunnels abgezogen und die Grundbeete ein Jahr lang der freien Witterung ausgesetzt. Gleichzeitig säte ich alles dicht mit Luzerne (Alfalfa) ein. Alfalfa-Einsaat ist in früheren Jahrgängen des ASI Jahrbuchs mehrmals als hervorragendes Mittel zur Bodengesundung beschrieben worden. Bei mir scheint es ebenfalls gut zu wirken, und ich setze große Erwartung in die nächstjährige Blüte.
Oncocyclus-Iris setzen nach künstlicher Befruchtung untereinander leicht Samen an. Alle Species können miteinander gekreuzt werden, und sogar mit der zentralasiatischen I.korolkowii liefern sie fertile Bastarde, die sog. Regeliocyclus-Hybriden. Leider ist die Keimung in der Regel sehr schlecht, oft unter 10% im ersten Jahr, es gibt aber große individuelle Unterschiede. Es hilft etwas, wenn man die noch frischen Samen sofort nach der Ernte aussät. Schneller geht es mit der Anschneidemethode, noch schneller ist Embryonenkultur auf sterilem Nährboden. Alle anderen Manipulationen wie Wuchsstoffbehandlung, wochenlanges Auslaugen in fließendem Wasser, Kälte-, Hitze- und Säurebehandlung waren nutzlos.
Wenn man die Sämlinge im Sommer kühl und feucht hält, kommen sie oft im dritten Jahr zur Blüte. Sie sind in der Regel sehr wüchsig und anscheinend immer virusfrei. Nachdem sie dann zum ersten Mal geblüht haben, ist meist der große Schwung vorbei und sie sind ähnlich schwierig wie die Eltern. Amerikanische Hybriden scheinen etwas robuster, vor allem kälteresistenter zu sein als israelische, aber Gartenpflanzen wird man wohl nie daraus machen können. Auch Regeliocyclus-Hybriden brauchen noch ihre Trockenperiode im Sommer, dagegen sollten die sog. Arilbreds, Hybriden aus Ariliris und 'Hohen Bartiris', durchaus im Freiland versucht werden. Am schönsten und gesündesten sind sie natürlich an einer Südwand.
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Brigitte Stisser

Re: Oncocyclus-Iriskultur

Beitrag von Brigitte Stisser »

Beeindruckende, wundervolle Fotos.
Die Dame in Trauer - die habe ich vor > 25- 30 Jahren auch mal probiert. Ohne wirkliche Kenntnisse.
Damals war das Iris - Buch von Herrn Köhlein ( und alle anderen Monographien von ihm) brandaktuell.
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Tetje
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Re: Oncocyclus-Iriskultur

Beitrag von Tetje »

Eine geballte Ladung an Wissen und Erfahrung, ein hervorragend verfasster Beitrag
der nun die Aufmerksamkeit im Netz bekommt die er verdient hat.

Interessant finde ich u.a. die Stelle mit der Einheitserde, eine Mischung von Professor Fruhstorfer
die für alle Kulturen geeignet sind, leider fast vergessen.

"Wenn man die Sämlinge im Sommer kühl und feucht hält, kommen sie oft im dritten Jahr zur Blüte".
Harald, woran liegt das?

Was bedeutet:
Zitat Harald:
...."ich denke dabei auch an TBs"?
Viele Grüße
Tetje

„Habt Ehrfurcht vor der Pflanze, alles lebt durch sie!“
Johann Wolfgang von Goethe
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Harald
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Re: Oncocyclus-Iriskultur

Beitrag von Harald »

Lieber Tetje,

wenn man Oncocyclus Sämlinge im Januar keimen läßt (Embryokultur) und sie ca. bis April unter Kunstlicht im Keller weiterkultiviert, und sie im Sommer nicht zu heiß werden läßt, kann man die kleinen Oncos, wie I.paradoxa, I.acutiloba schon im ersten Frühjahr in Blüte haben.

Zu: Ich denke dabei auch an TBs:
Auch Garten(Bart)Iris faulen nur während ihrer Ruhezeit. Wenn sie wachsen im Frühjahr und Herbst sind sie resistent.

Gruß,
Harald
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Martin
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Re: Oncocyclus-Iriskultur

Beitrag von Martin »

Hallo Harald,

mit großem Interesse habe ich deinen Bericht über die Oncocyclus-Kultur gelesen. Kann es vielleicht sein, dass diese Iris in Lebensgemeinschaft mit einer Mykorrhiza lebt? Vielleicht ist dies ein Grund hierfür, dass die Iris anfällig für mancherlei pilzliche Erkrankungen ist. :?
Viele Grüße
Martin
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Harald
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Re: Oncocyclus-Iriskultur

Beitrag von Harald »

Hallo Martin,
ich glaube nicht dass eine oncospezifische Mykorrhiza im Spiel ist, weil sich die Oncos in sterilem mineralischem Substrat sehr gut entwickeln. Wahrscheinlich ist eine solche Kultur die beste Möglichkeit sie über längere Zeit gesund zu erhalten.
Grüße,
Harald
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