Meristemvermehrung: Pflanzen aus der Retorte

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Gast

Meristemvermehrung: Pflanzen aus der Retorte

Beitrag von Gast »

Meristemvermehrung: Pflanzen aus der Retorte

Was ist das ? Meristemvermehrung?


Wer sich mit Pflanzen – und ihrer Vermehrung beschäftigt – stößt bald auf das Wort Meristemvermehrung.

Kurz gesagt, es ist eine Art - Pflanzen schnell , kostengünstig und in großen Mengen zu vermehren.
Hinterfragt man aber diese Auskunft, stößt man auf viel Neues und Unbekanntes – was sich aber – leider nicht mit 2 Sätzen erklären lässt.

Entwickelt wurde diese Methode in den Jahren um 1960 von dem französischen Forscher Prof. Morel.
In den langen Jahren – Jahrhunderten - zuvor wurden alle Pflanzen entweder durch Stecklinge oder durch Aussaaten vermehrt.

Speziell in der Orchideenzucht war das aber sehr langwierig, nicht geeignet größere Mengen auf schnellem Wege anzuziehen.

So kam, federführend, der französische Forscher Prof. Morel auf den Gedanken, eine neue Methode zu erdenken.

Diese Methode, die anschließend beschrieben wird, eignete sich aber – nachdem man ihre Vorteile ( von Nachteilen sei erstmal nicht die Rede) – erkannt hatte auch bei anderen Pflanzengattungen als - teilweise Retter in der Not.
Auf meinem Spezialgebiet - den Pelargonien - hat sie in den 1950 - 1960er Jahren das Überleben der Pelargonienbetriebe gesichert. Aber das wird einen oder zwei gesonderte Beiträge geben.

Jetzt eine kurze Beschreibung der Methode:

Bei der Meristemvermehrung entnimmt man Pflanzen an bestimmten Stellen Gewebezellen – Bildungsgewebe – Meristem.
Meistens handelt es sich um in den Blattachseln wachsende Neutriebe.

Alles unter Laborbedingungen - steril , keimfrei. Dieses Meristem wird auf speziell hergestellten flüssigen Nährboden gesetzt; die Vermehrungsbehälter werden häufig gedreht oder geschüttelt, um eine Wurzel – und Sprossbildung zu verhindern. Dadurch bilden sich „nur“ unspezifizierte Zellklumpen. Die so gewonnenen Zellklumpen können fast unendlich wieder und wieder weiter vermehrt werden.

Einzelne Zellen von diesem Gebilde werden unter sterilen Bedingungen auf festen Nährboden gelegt und dürfen nun eine Würzelchen nach unten und einen Spross nach oben bilden – d.h. sich zu einer Pflanze entwickeln.

Durch diese Methode ist – wie man es sich vorstellen kann, eine sehr große Anzahl von Nachkommen möglich. Dadurch sind in den Gewächshäusern der Orchideenbetriebe diese Massen von gleichen Orchideen erst möglich geworden.
Wenn eine bestimmte Größe erreicht ist, kultiviert man dann auf den bekannten Substraten weiter.

Bei dieser Methode weisen alle Nachkömmlinge die gleichen Erbinformationen auf – theoretisch gibt es keine Veränderung dieser Informationen.
Anfangs angewandt und entwickelt wurde diese Methode für Orchideen.

Sie ist auch anwendbar für Herstellung von erbgleichen Nachkommen seltener Varietäten von Naturformen und bei Nachzüchtungen.

Für die Anwendung bei anderen Pflanzengattungen erfolgt ein gesonderter Beitrag.
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Admina
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Re: Meristemvermehrung: Pflanzen aus der Retorte

Beitrag von Admina »

Hier geht es weiter, bitte anklicken ;) :
http://www.deutsches-pflanzen-forum.de/ ... t6937.html
Viele Grüße von der
Admina
Gast

Re: Meristemvermehrung: Pflanzen aus der Retorte

Beitrag von Gast »

Danke Brigitte für diesen informativen Beitrag. :)

Bei Orchideen werden als Quelle der Gewebezellen meist die Nodi(en) genommen. Also ruhende Augen, die der Pflanze ein Weiterwachsen nach dem Verlust des Leittriebes erlauben. Solange dieser da ist, produziert er ein Hormon, das ein Austreiben verhindert.

Phalaenopsis und Phaius haben zum Beispiel ruhende Augen an den Blütenstengeln, sie sind von einer kleinen Schutzhülle bedeckt. An diesen Stellen treiben Phalaenopsis mit Glück noch mal eine neue Blütenrispe oder seltener Kindel aus, wenn der obere Teil verblüht ist. Manchmal wenn man durch Blumengeschäfte geht und blühende Phalaenopsis betrachtet, kann man Blütenrispen sehen, deren Nodi(en) entfernt sind.
Bei Dendrobium, Cattleyas und verwandten Arten und Hybriden sitzen sie an den Bulben. Bei der Teilung der Pflanzen werden sie aktiv und ermöglichen es der Pflanze weiterzuwachsen.
Bei dieser Methode weisen alle Nachkömmlinge die gleichen Erbinformationen auf – theoretisch gibt es keine Veränderung dieser Informationen.
Anfangs angewandt und entwickelt wurde diese Methode für Orchideen.
Was mir bisher aufgefallen ist an Meristemphalaenopsis, dass diese offenbar schwerer Samen ansetzen wie durch Samen aufgezogene Pflanzen. Allerdings habe ich nur wenige Meristempflanzen und daher ist meine Beobachtung nicht wirklich aussagekräftig.
Außerdem tauchen immer wieder pelorische Meristemorchideen auf - es gibt mittlerweile sogar Sammler die nur solche Abweichlerklone bei sich aufnehmen. Das Auftauchen dieser mutierten durch Meristem gewonnen Pflanzen lässt zumindest annehmen, das bei dem Vorgang manchmal doch Abweichungen entstehen - manche sichtbar und manchmal vielleicht auch unsichtbar (erschwerte Samenbildung möglicherweise).
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