Meine Iris Arilbred-Züchtungen

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Harald
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Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Harald »

Meine Arilbred-Züchtungen.
Tetje hat gemeint, ich solle mal meine Arilbred-Züchtungen vorstellen. Der Begleittext mag für Nicht-Fachleute manchmal etwas schwierig sein, aber ohne einige Fachbegriffe, Chromosomenzahlen und Meiose zu erwähnen, geht es leider nicht. Fangen wir also gleich damit an: Arilbreds sind Hybriden aus Ariliris und Garteniris. Beide Arten sind Bartiris, aber ihre Chromosomen stimmen in der Anzahl und in ihrem genetischen Inhalt nicht überein. Sie lassen sich zwar miteinander kreuzen, ihre Hybriden sind aber unfruchtbar. Nun gibt es bei Pflanzen den Zustand der Polyploidie. Die beiden Chromosomensätze (diploid), die üblicherweise von Vater- und Mutterpflanze stammen, können auch mehrfach vorhanden sein: 3-fach (triploid), 4-fach (tetraploid), 5-fach /pentaploid), und sogar 6-fach und noch mehr. Die Arilbreds sind aber nichts von alledem, sie sind amphidiploid. Sie haben in ihren Zellen zwei Chromosomensätze von Garteniris und zwei Sätze von Ariliris. Damit sind alle Chromosomen in zweifacher Ausführung vorhanden, und das hat zwei wichtige Konsequenzen. In der Meiose findet jedes Chromosom einen homologen Paarungspartner. Das sichert einen geregelten Ablauf der Meiose und damit die Fertilität. Da sich aber nur homologe Chromosomen paaren können, erhalten die Gameten immer einen ganzen Satz von Aril-Chromosomen und Garteniris-Chromosomen. das bedeutet aber, dass die Arilbreds ihren Hybrid-Charakter bis in alle Ewigkeit beibehalten, und dass eine Oncocyclus-Blüte auf dem verzweigten Blütenstiel einer leicht wachsenden Garteniris nicht möglich ist. Diese unüberwindlich scheinende Barriere an der einen oder anderen Stelle etwas anzuknabbern war mein ständiges Bemühen.

Die erste meiner Einführungen war 'HIMMEL und ERDE', eine herkömmliche Arilbred aus Bangladesh x Desert Dove.

'LADY BERNSTEIN' war von der Abstammung her schon etwas Besonderes. Die Eltern waren Lady Mohr x Bedouin Woman. Lady Mohr war das Ergebnis einer Kreuzung einer Arilbred und einer Hohen Bartiris. Ihre Chromosomensätze sehen so aus: 12+12 von der TB und 12+10 von der Arilbred. Das bedeutet eigentlich völlige Sterilität. Lady Mohr hat aber nach Bestäubung mit Arilbred-Pollen immer einige Samenkapseln produziert mit etwa 5 bis 7 keimfähigen Samen. Ich weiß nicht, was da in der Meiose passiert. Sollten da Chromosomen-Konjugationen vorkommen zwischen Aril- und TB-Chromosomen, weil einige Chromosomen keinen völlig homologen Paarungspartner finden konnten?

Das ist 'MONDSEE', (Esther Fay x I.hoogiana) x Dresden Gold (reg.1981). Eine Möglichkeit die Arilbreds härter zu machen ist das Einkreuzen der tetraploiden Regelias I.stolonifera und I.hoogiana. F1-Hybriden aus I.hoogiana und TBs sehen ziemlich langweilig aus, die mit I.stolonifera sind teilweise sehr schön, aber beide sind amphidiploid und fertil (11+11+12+12)und können mit herkömmlichen Arilbreds gekreuzt werden. Ich hatte anfangs hohe Erwartungen an diese Zuchtrichtung gesetzt, aber nach einigen Fertilitätsstörungen bei den Sämlingen beschloss ich mich wieder mehr den Oncos zu widmen.

GELEE ROYALE ((I.auranitica x (I.hoogiana x Brass Accents)) x Dresden Gold (reg.1981).
Ich hatte einige robuste Hybriden aus TB x I.hoogiana, die auch sehr fertil waren. Versuchsweise befruchtete ich eine mit der goldfarbigen Onco Iris auranitica und erhielt mehrere gute Samenkörner. Die daraus erzogenen triploiden Sämlinge sollten nach der Theorie je einen Chromosomensatz von I.auranitica (10), plus einen Satz von I.hoogiana (11), und einen von der braunen TB Brass Accents (12) enthalten. Konnte so etwas fertil sein ? Ich habe sie trotzdem wiederholt mit Arilbred-Pollen bestäubt, und fand später zu meiner großen Überraschung in den Samenkapseln 1bis 3 große, gesunde Samen, die mithilfe von Embryokultur zu Pflanzen gemacht werden konnten. Was war da passiert ? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass in der triploiden, aus drei verschiedenen Arten zusammengesetzten Hybride so etwas wie eine normale Meiose stattgefunden hatte. Da mussten unreduzierte Gameten im Spiel gewesen sein, d.h. der ganze triploide Chromosomensatz war unreduziert in einige Keimzellen gelangt und ergab mehrere pentaploide Samen: (10+11+12)+(10+12) = 55 Chromosomen. Ich machte damals meine ersten Versuche Chromosomen zu zählen und war wegen der genauen Zahl nicht ganz sicher. Etwas später bestätigte Howard Shockey meinen Befund (ASI Yearbook 1994, p.33).

BARBARELLA, (tetraploide Regeliocyclus x I.pumila 'Schokoladenherz') (reg.1991).
Nach der Amphidiploiden-Theorie müssten solche Hybriden fertil sein und könnten der Anfang einer neuen Rasse von zwergigen Arilbreds sein. Barbarella hat gut aussehenden Pollen, hat aber nie ein Samenkorn produziert, und auch der Pollen ist nicht besonders fruchtbar. Ich habe einige weitere Sämlinge hergestellt, auch mit Barbarella's Pollen, fand aber immer das gleiche Bild: Pollen vorhanden, Samen nicht. Amerikanische Züchter hatten die gleichen Ergebnisse und auch keine Erklärung.

ANACRUSIS, Dresden Gold x ((I.iberica x I.auranitica) x I.mellita), (reg.1991).
Mir war schon früher aufgefallen, dass die Kreuzung Onco x zwergige Bartiris ungewöhnlich guten Samenansatz erbrachte. Daraus Sämlinge zu machen wäre einfach gewesen, aber sie wären steril, weil beide Eltern diploid sind. Wenn man die Chromosomen dieser Hybridsämlinge verdoppeln könnte, wären sie amphidiploid, und damit fertil Ich beschloss eine Aktion zu starten. Etwa 50 Samen wurden unter sterilen Bedingungen aufgeschnitten und die Embryonen in Reagenzgläser mit Nährmedium übertragen. Als die Keimung einsetzte, bekam jeder ein paar Tropfen einer 0,08 % Colchizinlösung. Viele gingen daran zugrunde, aber einige kamen durch, und einer produzierte eine Blüte mit reichlich Pollen. Ich bestäubte damit die gelbe Arilbred Dresden Gold und erzielte volle Samenkapseln. Die Sämlinge daraus waren mittelhoch (50 cm). Einer aus dieser Serie bekam den Namen 'Anacrusis' und wurde bei der AIS (American Iris Society) registriert.

HEIMDALL, Mondsee x Moon Dust, (reg.1994).
Diese Hybride mit I.hoogiana im Background habe ich registrieren lassen wegen ihres schönen Oncoflecks.

INVENTION, Anacrusis x Schwestersämling, (reg.1994).
Ähnelt der Anacrusis sehr, hat aber eine verbesserte Blütenform.

CONCERTO GROSSO, ((Gelee Royale x Schwestersäml.) x Anacrusis) x Invention.(reg.1998).
Beschreibung siehe "Arilbreds-Iris"
http://www.deutsches-pflanzen-forum.de/ ... tml#p32860

HIDDEN PINK, tetraploide Regeliocyclus x Vanity, (reg.1998).
Ich habe viele Arilbreds produziert indem ich pinkfarbene TBs mit tetraploiden Regeliocyclus-Iris kreuzte. Solche F1-Hybriden sollten nach Mendels Uniformitätsregel weitgehend gleich aussehen. Tatsächlich aber konnte man alle denkbaren Farbvarianten finden, und auch die Arilmerkmale variierten stark. Ein weiterer rätselhafter Befund.

DOTTED SUNSUIT, Anacrusis x ((I.auranitica x I.korolkowii) x (I.iberica x I.auranitica)), (reg.2001).
Man kann die Arilbreds auch an Oncos zurückkreuzen. Die triploiden Sämlinge sind manchmal etwas fertil und verhalten sich in weitern Kreuzungen mal wie Amphidiploide und mal wie diploide Oncos. Phänotypisch kommen sie den Oncos recht nahe.

SURPASSING YELLOW, und

IRIDESCENT ORANGE, zwei Geschwister mit der Abstammung: (Invention x Gelee Royale) x Concerto Grosso, (reg.2001).

BALALAIKA MUSIK, eine tetraploide Regeliocyclus-Iris, die ihre Hoogiana-Abstmmung nicht verleugnen kann. Sie hat auch Oncos im Stammbaum, zeigt aber keinen Oncofleck. Darum war sie für mich nicht so interessant. Ich schickte sie an Sharon McAllister, New Mexico. Dort wurde sie bewundert wegen der guten Form und Haltbarkeit ihrer Farbe. Sharon hat sie bei der AIS für mich registrieren lassen.

P.S: Ich hätte die Bilder lieber zwischen die Kommentare gesetzt, ist mir aber leider nicht gelungen.
Mit freundl. Grüßen,
Harald
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Harald
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Re: Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Harald »

Hier ist die Fortsetzung:
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Kurt
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Re: Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Kurt »

Hallo Harald,

vielen Dank für die ausführliche und schön bebilderte Zusammenstellung. Ich bin begeistert von Deinen Züchtungen!
Viele Grüße
Kurt
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Tetje
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Re: Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Tetje »

Lieber Harald,

ich schätze dich als Mensch und Züchter. Ich habe die Züchtung 1998 mit anderen Gattungen angefangen
und weiß wie schwer solche züchterischen Meisterleistungen sind. Du hast auch noch teilweise biologische Barrieren bei der Züchtung überwunden. Respekt zu deiner Lebensleistung und für mich persönlich bist du
ein einzigartiger Iris-Züchter in Deutschland.
Viele Grüße
Tetje

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Johann Wolfgang von Goethe
Athyriana

Re: Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Athyriana »

Seltsam :???:

Jetzt hatte ich grad hier eine Antwort geschrieben, abgesendet und nun ist sie spurlos verschwunden??

Jetzt mag ich nicht alles nochmal schreiben. Nur so viel.

Mir hat die Dotted Sunsuit am besten gefallen. Sie hat genau meine Farben. :--D

Ich hab mich grad richtig gefreut etwas von dem Fachchinesisch verstanden zu haben. Bei den Farnen gibt es das auch und ein wenig scheint von den vielen Gesprächen der Fachleute, bei denen ich dabeisaß, doch hängengeblieben zu sein. Ich weiß, es gibt auch Farne die es wegen der chromosomenbedingten Sterilität eigentlich gar nicht geben dürfte.

Auf jeden Fall ist das sehr spannend.
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Martin
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Re: Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Martin »

Hallo Harald,

danke für den sehr interessanten Beitrag über deine schönen Iris-Züchtungen. Um die Sorte I. 'Anacrusis' zu züchten, hast du eine Colchicin-Lösung verwendet. Hast du hierzu die Sämlinge vorher angeschnitten?
Viele Grüße
Martin
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Harald
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Re: Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Harald »

Martin, ich habe die Anschneide-Methode immer nur als zweitbeste Lösung angesehen und immer nur die Embryokultur angewendet.
Gruß,
Harald
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Martin
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Re: Meine Iris Arilbred-Züchtungen

Beitrag von Martin »

Hallo Harald,

vielen dank für deine Antwort. ;)
Viele Grüße
Martin
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