Viele unserer beliebtesten Zierpflanzen lassen sich nicht gut aus Samen vermehren. Die Keimung ist unregelmäßig und schwach, und manchmal wartet der Gartenfreund ganz vergeblich auf Sämlinge. Man fragt sich warum eigentlich unsere Kulturpflanzen so prompt und reichlich Jahr für Jahr keimen? Das muss mit der jahrhundertelangen, wenn nicht jahrtausendelangen Auslese auf sofortige Keimung zusammenhängen. Was bei der Aussaat im Frühjahr nicht sofort gekeimt hat, kann im Herbst nicht geerntet werden, und ist einfach weg. Die prompte Keimung bei Kraut und Rüben ist also nicht der Normalfall, sondern die Ausnahme. Langjährige Beobachtungen haben erwiesen, dass eine Kälteperiode vor der Aussaat bei vielen Arten die Keimungsraten stark verbessert. Die eigentlichen tiefer liegenden Ursachen der Keimhemmung sind aber nicht richtig bekannt, und zur Überwindung derselben existieren die abenteuerlichsten Rezepte.
Brauchen Schwerkeimer Frost?
Ich habe mich eine Reihe von Jahren mit der Keimung von Bartirissamen befasst. Ein gesundes Samenkorn besteht aus der Samenschale, dem Nährgewebe und dem darin eingebetteten Embryo. Wenn man den Bartiris-Embryo unter sterilen Bedingungen isoliert und auf ein künstliches Nährmedium legt, beginnt er sofort mit der Keimung. Er braucht also keinen Frost und nicht einmal eine Kühlperiode. Keimende Samen leiden bei Kahlfrost und können je nach Veranlagung auch absterben. Man könnte daraus schließen, dass die Keimhemmung aus dem Nährgewebe kommt. Es kommt aber noch etwas Anderes in Betracht. Die von Dr. Tamberg ausgiebig praktizierte Anschneidemethode deutet ebenfalls darauf hin, dass die bloße Einengung durch das manchmal steinharte Nährgewebe eine sofortige Keimung verhindert. Eine dritte Art von Keimhemmung finden wir bei den Samen der Regelia -Iris (I.korolkowii u.a.). Auch bei Anwendung von Embryokultur liegen die Embryonen in der Regel ohne zu keimen auf dem künstlichen Nährboden. Sie schwellen wohl etwas an, keimen aber nicht wirklich und sterben schließlich ab. Einmal vergaß ich 10 I.afghanica-Embryonen im Gemüsefach des Kühlschranks (bei ca. +5° C). Als ich mich nach ca. 6 Wochen an sie erinnerte und nachschaute, hatten alle 10 gekeimt. Da es im Kühlschrank dunkel ist, waren sie alle weiß. Ans Licht gebracht erholten sie sich aber bald. Hier war es wohl eindeutig die Kühlphase, die die Keimung auslöste. Mir scheint, dass die meisten Schwerkeimer von allen beschriebenen Keimungshemmern etwas abbekommen haben, und deshalb keine passende Behandlungsmethode für alle Fälle gefunden werden kann.
Was kann man aber tun?
Reife Samen trocken und luftig aufbewahren. Schimmelbildung verhindern, gegebenenfalls desinfizieren. Ab etwa November für mindestens eine Woche durchdringend wässern, immer sauberes Wasser verwenden. Danach bei etwa +5° C stratifizieren, (Kühlschrank), damit keimbereite Samen nicht frühzeitig keimen und dann durch eventuell auftretende starke Fröste abgetötet werden. Ab März/April können sie dann an einer schattigen Stelle im Garten aufgestellt werden.
Viele Grüße,
Harald
Das Problem der Schwerkeimer
- Harald
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Das Problem der Schwerkeimer
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- Martin
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Re: Das Problem der Schwerkeimer
Hallo Harald,
danke für deine interessante Anmerkung zur Keimung von Iris. Interessant finde ich meine persönliche Erfahrung jedoch von bartlosen Arten wie I. pseudacorus, I. wilsonii und bsw. I. sibirica. Diese keimen ohne Probleme meist zu 100 %. Und dies ohne Anschneide-Methode. Kann es sein, dass je mehr der Mensch in die Züchtung eingreift und neue Sorten schafft, dass umso mehr die Keimrate nachlässt?
danke für deine interessante Anmerkung zur Keimung von Iris. Interessant finde ich meine persönliche Erfahrung jedoch von bartlosen Arten wie I. pseudacorus, I. wilsonii und bsw. I. sibirica. Diese keimen ohne Probleme meist zu 100 %. Und dies ohne Anschneide-Methode. Kann es sein, dass je mehr der Mensch in die Züchtung eingreift und neue Sorten schafft, dass umso mehr die Keimrate nachlässt?

Viele Grüße
Martin
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- Harald
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Re: Das Problem der Schwerkeimer
Lieber Martin,
ich habe versucht am Beispiel von Bartiris auf ein allgemeines Problem bei Schwerkeimern aufmerksam zu machen. Die Fragestellung war: Was sind die Ursachen für diese Keimhemmung, und was kann man evtl. tun um mehr Sämlinge zu erhalten? 100%ige Keimung sind bei vielen Pflanzenarten zu finden, und z.B. beim Getreide ist es wohl die jahrtausendelange unbewusste Auslese auf sofortiges Keimen. Ich würde sagen, die schlechte Keimung ist der Normalfall und sogar sinnvoll, weil auch bei ungünstigsten Wachstumsbedingungen im ersten Jahr immer noch ein Paar Samen übrigbleiben um die Art zu erhalten. Ich sehe keine Anzeichen für eine Verschlechterung der Keimungsraten durch Züchtung.
Gruß,
Harald
ich habe versucht am Beispiel von Bartiris auf ein allgemeines Problem bei Schwerkeimern aufmerksam zu machen. Die Fragestellung war: Was sind die Ursachen für diese Keimhemmung, und was kann man evtl. tun um mehr Sämlinge zu erhalten? 100%ige Keimung sind bei vielen Pflanzenarten zu finden, und z.B. beim Getreide ist es wohl die jahrtausendelange unbewusste Auslese auf sofortiges Keimen. Ich würde sagen, die schlechte Keimung ist der Normalfall und sogar sinnvoll, weil auch bei ungünstigsten Wachstumsbedingungen im ersten Jahr immer noch ein Paar Samen übrigbleiben um die Art zu erhalten. Ich sehe keine Anzeichen für eine Verschlechterung der Keimungsraten durch Züchtung.
Gruß,
Harald
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Re: Das Problem der Schwerkeimer
Hallo Harald,
wenn man sich vorstellt, wie überlebenswichtig die Ernährung in den früheren Zeiten war bzw. ist, ist das bei den reinen Kulturpflanzen nicht verwunderlich. Da die Sommer früher wesentlich kürzer waren, macht die
kurze Keimzeit auch Sinn. Bei deinen genannten Beispiel zeigt sich, wie wichtig die Auslesezüchtung ist.
Unsere Vorfahren haben über Jahrtausende sehr gute Arbeit geleistet.
Spinat oder Getreide keimt unglaublich schnell, bei den Zierpflanzen die noch nicht lange kultiviert werden, dauert es in der Regel wesentlich länger. Oft spielen aber auch andere Gründe eine Rolle, warum manche Gattungen und deren Hybriden schwer keimen.
Wir maßen uns an die Natur zu verstehen, bis heute hat der Mensch fast gar nichts begriffen, was genau in
der Natur passiert......
wenn man sich vorstellt, wie überlebenswichtig die Ernährung in den früheren Zeiten war bzw. ist, ist das bei den reinen Kulturpflanzen nicht verwunderlich. Da die Sommer früher wesentlich kürzer waren, macht die
kurze Keimzeit auch Sinn. Bei deinen genannten Beispiel zeigt sich, wie wichtig die Auslesezüchtung ist.
Unsere Vorfahren haben über Jahrtausende sehr gute Arbeit geleistet.
Spinat oder Getreide keimt unglaublich schnell, bei den Zierpflanzen die noch nicht lange kultiviert werden, dauert es in der Regel wesentlich länger. Oft spielen aber auch andere Gründe eine Rolle, warum manche Gattungen und deren Hybriden schwer keimen.

Wir maßen uns an die Natur zu verstehen, bis heute hat der Mensch fast gar nichts begriffen, was genau in
der Natur passiert......
Viele Grüße
Tetje
„Habt Ehrfurcht vor der Pflanze, alles lebt durch sie!“
Johann Wolfgang von Goethe
Tetje
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- AartVark
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Re: Das Problem der Schwerkeimer
Hallo Harald,
Germination inhibition as observed in many plant species has a natural cause as you also mentioned. Seeds should germinate in the best season to survive, so in many plant species the seeds are ripe in autumn (northern hemisphere) but if they would germinate directly they would die by low temperatures or frost. So for these species it is worthwhile to have a system that prevents direct germination. Some built up in the warm period certain chemical substances that are inactivated or broken down by cold. Others need a dark period and do not germinate in direct light like Cyclamen. Species in culture are sometimes selected for direct germination in other cases just the opposite for example to store them for a longer time before use. And I agree with you that breeding normally does not increase germination inhibition, but if we try to make crosses between species that not cross in nature, all kind of problems can arise, also with germination (if we get seeds in the first place).
Hartelijke Groeten,
Aart
Germination inhibition as observed in many plant species has a natural cause as you also mentioned. Seeds should germinate in the best season to survive, so in many plant species the seeds are ripe in autumn (northern hemisphere) but if they would germinate directly they would die by low temperatures or frost. So for these species it is worthwhile to have a system that prevents direct germination. Some built up in the warm period certain chemical substances that are inactivated or broken down by cold. Others need a dark period and do not germinate in direct light like Cyclamen. Species in culture are sometimes selected for direct germination in other cases just the opposite for example to store them for a longer time before use. And I agree with you that breeding normally does not increase germination inhibition, but if we try to make crosses between species that not cross in nature, all kind of problems can arise, also with germination (if we get seeds in the first place).
Hartelijke Groeten,
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- Harald
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Re: Das Problem der Schwerkeimer
Hallo Aart,
ist es dir recht, wenn ich deinen Beitrag übersetze?
ist es dir recht, wenn ich deinen Beitrag übersetze?
- AartVark
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Re: Das Problem der Schwerkeimer
Hallo Harald!
No problem, will go faster as if I should try it in German....
Viele Grüße,
Aart
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Viele Grüße,
Aart
- Harald
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Re: Das Problem der Schwerkeimer
Zuerst die Übersetzung, damit alle etwas davon haben:
Hallo Harald,
Keimverzögerung, wie sie bei vielen Spezies beobachtet werden kann, hat wie du schon gesagt hast, eine natürliche Ursache. Die Samen sollten während der für ihr Überleben günstigsten Zeit keimen. So sind bei vielen Species in der nördlichen Hemisphäre die Samen im Herbst reif, und wenn sie sofort keimten würden sie absterben wegen niedriger Temperaturen oder Frost. Deshalb ist es nützlich für sie ein System zu haben, das eine sofortige Keimung verhindert. Einige entwickeln in der Warmperiode gewisse chemische Substanzen, die durch Kälte deaktiviert oder abgebaut werden. Andere brauchen eine Dunkelphase und keimen nicht in direktem Licht, wie Cyclamen. In Kultur werden Species manchmal gebraucht für sofortige Keimung, in anderen Fällen ist es das Gegenteil, z.B. wenn sie für längere Zeit aufbewahrt werden sollen. Ich stimme dir auch zu, dass durch Züchtung im Normalfall die Keimungsraten nicht verringert werden, aber wenn wir versuchen Kreuzungen zu machen zwischen Arten, die sich in der freien Natur nicht kreuzen, können alle möglichen Probleme entstehen, auch hinsichtlich der Keimung, (wenn wir überhaupt Samen bekommen).
Hallo Aart,
ich stimme in allem zu, nur möchte ich gern wissen wodurch dieses Keimverhalten ausgelöst wird. Warum keimen Regelia-Samen erst nach Kälteeinwirkung, warum keimen Oncocyclus-Samen auch dann schlecht, wenn sie feucht gehalten werden? Vielleicht haben diese Schwerkeimer von allen diesen keimhemmenden Substanzen etwas mitbekommen, aber solange wir sie nicht näher kennen, nützt uns das nicht viel für die Praxis.
Frohe Ostern,
Harald
Hallo Harald,
Keimverzögerung, wie sie bei vielen Spezies beobachtet werden kann, hat wie du schon gesagt hast, eine natürliche Ursache. Die Samen sollten während der für ihr Überleben günstigsten Zeit keimen. So sind bei vielen Species in der nördlichen Hemisphäre die Samen im Herbst reif, und wenn sie sofort keimten würden sie absterben wegen niedriger Temperaturen oder Frost. Deshalb ist es nützlich für sie ein System zu haben, das eine sofortige Keimung verhindert. Einige entwickeln in der Warmperiode gewisse chemische Substanzen, die durch Kälte deaktiviert oder abgebaut werden. Andere brauchen eine Dunkelphase und keimen nicht in direktem Licht, wie Cyclamen. In Kultur werden Species manchmal gebraucht für sofortige Keimung, in anderen Fällen ist es das Gegenteil, z.B. wenn sie für längere Zeit aufbewahrt werden sollen. Ich stimme dir auch zu, dass durch Züchtung im Normalfall die Keimungsraten nicht verringert werden, aber wenn wir versuchen Kreuzungen zu machen zwischen Arten, die sich in der freien Natur nicht kreuzen, können alle möglichen Probleme entstehen, auch hinsichtlich der Keimung, (wenn wir überhaupt Samen bekommen).
Hallo Aart,
ich stimme in allem zu, nur möchte ich gern wissen wodurch dieses Keimverhalten ausgelöst wird. Warum keimen Regelia-Samen erst nach Kälteeinwirkung, warum keimen Oncocyclus-Samen auch dann schlecht, wenn sie feucht gehalten werden? Vielleicht haben diese Schwerkeimer von allen diesen keimhemmenden Substanzen etwas mitbekommen, aber solange wir sie nicht näher kennen, nützt uns das nicht viel für die Praxis.
Frohe Ostern,
Harald